Gedichte 1987 - 1991
Körperteile
Die Nasenwurzel ist oben
und die Nasenspitze unten.
Die Nase als solche ist etwas,
das gerade noch angeht. Und selten fehlt.
Gerade geht die Nase der Nase nach. Und Gaze
braucht es, wenn sie sehr stark blutet.
Mit der Hand behändigt man Dinge.
Das Netz der Handlinien ist, nebenbei bemerkt,
auch Gegenstand der Kriminalistik. Kreuz und quer
geht’s hier schicksalsschwer zur Sache.
Lies nicht in deiner Hand: es könnte dich
um den Verstand bringen.
Die Füsse sind fürs Gehen gemacht.
Mit dem Fussball stehen sie allerdings
auf Kriegsfuss. Da stellen sie sich quer,
das eine oder das andere Bein will nicht,
wie es soll. Will nicht Spielbein sein.
Deshalb belassen wir es beim Gehen.
Im Brustkorb verstaut man die Körbe
wie in einem geräumigen Wandschrank,
aber auch die Freuden, die kleinen und die grossen.
Eine suppen- und tränenaufsaugende Serviette
dient an der festlichen Tafel als Brustlatz. Bei
Frauen gibt's die Brust übrigens doppelt.
Im Bauch finden die Dinge zum Abschluss,
und manchmal bekommt er sein Fett weg.
Dank seiner haarigen Wampe hat der Satyr
die Lacher auf seiner Seite. Und auch die Frauen.
Beim Tangotanzen kann einem der Bauch
aber ganz schön im Weg stehen.
Der Rücken ist sozusagen zuhinterst
im toten Winkel, wo man sich selber nicht sieht.
Hinterrücks zu Boden geworfen findet man
sich in der Lage eines zappelnden Käfers.
Andererseit dreht man im Tiefschlaf
den Rücken zur Wand. Nur für den Fall.
Der Kopf ist eine Vorrichtung zum Denken.
Manchmal muss er gefüttert werden.
Und trinken will er auch. Beim Sprechen
ist er je nachdem nützlich, und Küssen,
das geht auch ohne Kopf, das kann
man machen wie die Franzosen.
Katze
Im Winter ist mir kein Fell gewachsen. Ich friere.
Der Kopf noch schwach, das Herz so launig laut.
Die Heizung lässt den Frühling zu. Geht mir an die Nieren.
Brauche eine Katze, die nicht schnurrt und nicht miaut.
Ich nahm mir Zeit, viel Zeit, ein Gedicht zu machen.
Und kippte die Wörter alle zum Fenster raus.
Ein echter Poet. Ich lag im Schrank und schnarchte.
Und klopfte mal mein Geist: ich kam nicht auf.
Ins Fenster knallt die Sonne, der Tag spektakelt.
Das lyrische Ich tritt ab. Die Zauberei
erlischt. Ist ja alles nur Gekrakel,
ein hohler Zeitvertreib.
Was bleibt?
Die Katze, die nicht schnurrt und nicht miaut.
Der Schulabwart
Er war der schulbekannte Quasimodo.
Er knickte Wasserröhren und bog sie wieder grad.
Verhöhnten ihn die Schüler unisono,
So fuhr er blöde aus dem Gartenschnecken-Grab.
Kurzes Märchen
Lampenschwenkend früh am Morgen
watscheln die Zwerge zur Arbeit.
glatzenmann
im arbeitswahn uns suhlend
sind wir laut umtobt
städter um den mammon buhlend
lärmen uns zutod
statt gehässigkeiten myrten
schneiden wir uns ab
der park hat keine hürden
man schlüpft hinein und hat’s
sind wir in das grün gedrungen
sehn wir dort den mann
den die vogelschar besungen
diesen sommer lang
mancher sieht die glatze schweben
ins gesträuch hinein
sieht sie stillstehn nah den wegen
wie ein mond so klein
der glotzgeist unter bäumen
schwitzt bisweilen klamm
und bringt uns blöd ins träumen
ja das ist der glatzenmann
Zusammenstoss
Heute an der Tramhaltestelle
bin ich in ein Mädchen hineingerannt.
Oh, Zufälle gibt’s, Unfälle auch.
Als es passierte, kannte ich
sie schon vom Sehen her.
Sie arbeitet in einem Büro
irgendwo in der Innenstadt.
Mit Büroklammern hab ich
sie dementsprechend fest
an mein Herz geheftet.
Meistens sitzt sie vorne,
ganz für sich allein,
mit einer Zeitung und
einem Weizenbrötchen,
an dem sie knabbert.
Sie ist schön. Und sie hat, wie ich
nun weiss, einen starken Schädel.
So heftig und ungedämpft,
so überaus physisch
ist der Zusammenstoss gewesen,
dass wir beide eine Beule
davongetragen haben. Ich meine:
zwei Beulen. Sie eine und ich eine,
macht zwei. Schwer zu sagen, ob
daraus noch eine Beule wird.
Ziel vor Augen
Zum Leben brauchst du kein Ziel vor Augen.
Zum Leben brauchst du die Augen.
Müsste mal einer
Aus tiefster Empfindung
müsste mal einer aufstehn und
Himmel und Erde erschüttern
mit einem einzigen Wort.
So wie man sich eine Pfeife anzündet.
Wahrheiten
Wahrheiten soll man nicht aufschreiben.
Wahrheiten soll man leben.
Und warum, du Idiot, schreibst du das auf?
Biff baff fidelium
Biff baff fidelium
bim bum bum
Der Abschied ist noch lang nicht da.
Biff baff fidelium
bim bum bum
Es geht noch lange weiter.
Biff baff fidelium
bim bum bum
So geht es rund und heiter.
Biff baff fidelium
bim bum bum
Und immer weiter, immer weiter.
Biff baff fidelium
bim bum bum
Oje, die Zeit ist um.
Scheiden wir nun weislich,
machen wir die Fliege.
Jawohl, es muss wohl sein,
scheiden wir von hinnen,
bescheiden und auch still.
Drum reiten wir jetzt weiter
ins nächste grosse....
(Wieder zurück zum Anfang)
Französisches Gedicht
(gemeinsam gedichtet mit G.K., auf einer Reise durch Frankreich nach zwei Flaschen Beaujolais)
Nous avons
Nous avez
Nous a terminé
weise von mädelens und vom sterben
mädelens sind nackt haben
sie nichts zum anziehen da
mädelens sind lieblich und
beten zu mutter marie
dum dum tarei
sag was trieb abends der wicht
am fenster der schönen doris?
ihr lieblich filigran gewann viel
huld und augenschein
dum dum tarei
respektierlich nehmen zeugen
sieben blätter vor den mund
herzgeliebte weh der stuhl
schlucket ihre erstgeburt
dum dum tarei
einsam lächeln entsann sich
der zimbel des steins
und kochend das mondlicht
fiel ein insgeheim
dum dum tarei
vermeint nicht dies wär
der mädelens leben und herz
denn sterben tut weh
und weher im märz
dum dum tarei
mailich grün
mailich grün
kommt ungestüm
mit klimbim auf den matten
mailich grün
hält sonnenkühl
den restschnee tief im schatten
malven kreuzkraut thymian
beflügeln frischgeschlüpftes klüngeltier
das wirbelt wuselt wundersam
im ganzen land und auch in mir
die bäume blühen ohne not
weisser als die weiss gebauschte nacht
weisser als das zarte warme brot
das einst du mir versprochen hast
mailich grün
kommt ungestüm
ein mü mehr grün
und alles lacht
und alles lebt
ein paar schuhe
die schuhe hab ich abgestreift
sie sind mir zu vergangen
sind aus den nägeln und zerfleischt
zerrissen wie von zangen
es war das schuhwerk meiner wahl
zwei starke erdentöpfe
das war einmal
das traute schrittgeräusch ist hin
seitdem die altvertrauten
halben schuhe nicht mehr sind
drum lass ich es verlauten
Notizen
Im Gebirge kräht der Wetterhahn. Zwischen den Echos gibt es eine Brotpause. Die Pendeluhr tickt.
Mit jedem Kleidungsstück, das sie sich vom Körper riss, entblösste sie sich mehr. Am Schluss war sie verschwunden.
Schlüssellöcher und Abhörgeräte: Einweg-Kontaktstellen zu einer anderen Welt.
Punkt zwölf erscheint der Nachtwächter, dick, mit Hund, Hellebarde und Flügelhorn, und als er loslegt, den alten Teufel züchtigt, die russigen Ecken ausräuchnet, in denen wir uns verstecken, knallen die Korken, und der weissbemützte Glockenturm läutet das neue Jahr ein.
Lesen, nachdenken, schreiben, am Leben vorbeileben. Warten auf ein wörtliches Wunder.
Sie spielen das Spiel. Sie spielen um nichts.
Die Spinne wohnt in ihrem Netz, in einer wunderhübsch zusammengesponnenen, klebrigen Zweidimensionalität. Vermutlich ist unsere Realität auch so eine Art Netz, nur dreidimensional, und in diesem Netz sind wir nicht nur die Spinnen, sondern auch die Fliegen.
Er besichtigt seine Zeit wie ein Zeittourist. Seine Koffer sind immer gepackt.
Nun bin ich schon von der dritten Schule geflogen. So lernt man fliegen.
Beim Zubettgehen denke ich manchmal an die Marsianer. Ob sie beim Zubettgehen manchmal auch an mich denken?
Frauen haben auf Männer eine erbauliche Wirkung. Was immer das auch heissen mag.
Die Lagerfeuer ausgetreten, die Lichtungen verlassen. Ein kühler Wind kommt auf.
Vor meinen Augen, aber eigentlich inwendig, also in den Augen drin, schwebt eine durchsichtige faserige Sustanz, so etwas wie Plankton. Der Augenarzt: "Keine Angst, nach etwa zweihundert Jahren verschwindet das von alleine."
Ein Mensch über 40 ist so wohlabgesichert wie eine Leiche im Sarg. Hie und da gibt er ein Klopfzeichen. Da lebt anscheinend noch irgendwas. Man muss schon ein rechter Peter Pan sein, um diesem Schicksal entrinnen zu können.
Der Mond stiftet Verwirrung.
Auch die abstrakteste Geliebte wird sehr konkret, wenn sie auf den Naturalismus zu sprechen kommt.
Privatquiz
Sonne - Fixstern.
menschlicher Pinguin - Nonne
nichtexistierende Berufsbezeichnung - Anbieger
Haltungsturner - Neiger
Kameradenschützer - Tarner
falsch geschriebene Grünfläche - Wiesel
unverständliches französisches Wort - Relief
Tierpark mit Anhang - Zoom
chinesischer Virus - Ellz
friedliches Bad - Pazifik
Morgengebet eines Alkoholikers - Embargo
Todesschrei eines Matadors - Nolé!
Selbstbefriedigung - Liebelei
Chefzahnarzt - Präsident
haariges Ungetüm - Bollmotz
Mensch mit Tiefgang - Wasserleiche
Frischgebackenes - Homo Faber
Fangspiel - Haschisch
verwackelte Ortsbezeichnung - DaDa
Tödin und Pudel
Figuren jagen wie im Traum
wild einher zum Teppichsaum,
als wär' Walpurgisnacht in Tag
verkehrt gleich offnem Sarkophag
und grimmen Blutes Ungestüm
in Rosmarin und Immergrün.
Und wie die Sonn' ihr Gold ausspinnt,
wo ein lieber loser Vogel singt!
Doch der Webwerkwald bleibt leer,
ein hölzern Dombau unterm Meer,
empfängt nur einen dünnen Strahl
des ganzen Lichts, das bald schon fahl
vergeht.
Und trippelnd ruft die Tödin aus:
ach mein Pudel, komm nach Haus!
Frühmesse
An einer linnengedeckten Tafel
sind neunhundert kruzifixierte Nonnen
schwer damit beschäftigt,
den Sonntagsbraten zu tranchieren.
Sie lobpreisen den Herrn und
schneiden tiefer und tiefer ins Fleisch,
saignant, im Kern noch leicht blutig.
Ja, diese Katholiken, denk ich,
während man mir die saftigsten Stücke
zureicht und die Frau Diakonin
die Fruchtrute hervornimmt,
um sich zu geisseln.
Der Zauberkünstler
Aus seinem Zylinderhut zog der Zauberkünstler
eine endlose Papierkette aus lauter kleinen wackelnden Papier-Zauberkünstlern
mit emporgehobenen Papier-Zylinderhüten, aus denen die Papier-Zauberkünstler
endlose winzige Papierketten mit lauter kleinen wackelnden Papier-Zauberkünstlern
mit emporgehobenen Papier-Zylinderhüten hervorzogen, aus denen diese Papier-Zauberkünstler
wiederum endlose winzige Papierketten mit lauter kleinen wackelnden Papier-Zauberkünstlern
mit emporgehobenen Papier-Zylinderhüten hervorzogen, aus denen diese Papier-Zauberkünstler
wiederum endlose winzige Papierketten mit lauter kleinen wackelnden Papier-Zauberkünstlern
mit emporgehobenen Papier-Zylinderhüten hervorzogen, aus denen diese Papier-Zauberkünstler
wiederum endlose winzige Papierketten mit lauter kleinen wackelnden Papier-Zauberkünstlern
mit emporgehobenen Papier-Zylinderhüten hervorzogen, aus denen diese Papier-Zauberkünstler
wiederum endlose winzige Papierketten mit lauter kleinen wackelnden Papier-Zauberkünstlern
mit emporgehobenen Papier-Zylinderhüten hervorzogen, aus denen diese Papier-Zauberkünstler
wiederum endlose winzige Papierketten mit lauter kleinen wackelnden Papier-Zauberkünstlern
mit emporgehobenen Papier-Zylinderhüten hervorzogen, aus denen diese Papier-Zauberkünstler
wiederum endlose winzige Papierketten mit lauter kleinen wackelnden Papier-Zauberkünstlern
mit emporgehobenen Papier-Zylinderhüten hervorzogen, aus denen diese Papier-Zauberkünstler
wiederum endlose winzige Papierketten mit lauter kleinen wackelnden Papier-Zauberkünstlern
mit emporgehobenen Papier-Zylinderhüten hervorzogen, aus denen diese Papier-Zauberkünstler
wiederum endlose winzige Papierketten mit lauter kleinen wackelnden Papier-Zauberkünstlern
mit emporgehobenen Papier-Zylinderhüten hervorzogen, aus denen diese Papier-Zauberkünstler
wiederum endlose winzige Papierketten mit lauter kleinen wackelnden Papier-Zauberkünstlern
mit emporgehobenen Papier-Zylinderhüten hervorzogen, aus denen diese Papier-Zauberkünstler
wiederum endlose winzige Papierketten mit lauter kleinen wackelnden Papier-Zauberkünstlern
mit emporgehobenen Papier-Zylinderhüten hervorzogen, aus denen diese Papier-Zauberkünstler
wiederum endlose winzige Papierketten mit lauter kleinen wackelnden Papier-Zauberkünstlern
mit emporgehobenen Papier-Zylinderhüten hervorzogen, aus denen diese Papier-Zauberkünstler
wiederum endlose winzige Papierketten mit lauter kleinen wackelnden Papier-Zauberkünstlern
mit emporgehobenen Papier-Zylinderhüten hervorzogen, aus denen diese Papier-Zauberkünstler
wiederum endlose winzige Papierketten mit lauter kleinen wackelnden Papier-Zauberkünstlern
mit emporgehobenen Papier-Zylinderhüten hervorzogen, aus denen diese Papier-Zauberkünstler
wiederum endlose winzige Papierketten mit lauter kleinen wackelnden Papier-Zauberkünstlern
mit emporgehobenen Papier-Zylinderhüten hervorzogen, aus denen diese Papier-Zauberkünstler
wiederum endlose winzige Papierketten mit lauter kleinen wackelnden Papier-Zauberkünstlern
mit emporgehobenen Papier-Zylinderhüten hervorzogen, aus denen diese Papier-Zauberkünstler
wiederum endlose winzige Papierketten mit lauter kleinen wackelnden Papier-Zauberkünstlern
mit emporgehobenen Papier-Zylinderhüten hervorzogen, aus denen diese Papier-Zauberkünstler
wiederum endlose winzige Papierketten mit lauter kleinen wackelnden Papier-Zauberkünstlern
mit emporgehobenen Papier-Zylinderhüten hervorzogen, aus denen diese Papier-Zauberkünstler
wiederum endlose winzige Papierketten mit lauter kleinen wackelnden Papier-Zauberkünstlern
mit emporgehobenen Papier-Zylinderhüten hervorzogen, aus denen diese Papier-Zauberkünstler
wiederum endlose winzige Papierketten mit lauter kleinen wackelnden Papier-Zauberkünstlern
mit emporgehobenen Papier-Zylinderhüten hervorzogen, aus denen diese Papier-Zauberkünstler
wiederum endlose winzige Papierketten mit lauter kleinen wackelnden Papier-Zauberkünstlern
mit emporgehobenen Papier-Zylinderhüten hervorzogen, aus denen diese Papier-Zauberkünstler
wiederum endlose winzige Papierketten mit lauter kleinen wackelnden Papier-Zauberkünstlern
mit emporgehobenen Papier-Zylinderhüten hervorzogen, aus denen diese Papier-Zauberkünstler
wiederum endlose winzige Papierketten mit lauter kleinen wackelnden Papier-Zauberkünstlern
mit emporgehobenen Papier-Zylinderhüten hervorzogen, aus denen diese Papier-Zauberkünstler
wiederum endlose winzige Papierketten mit lauter kleinen wackelnden Papier-Zauberkünstlern
mit emporgehobenen Papier-Zylinderhüten hervorzogen, aus denen diese Papier-Zauberkünstler
wiederum endlose winzige Papierketten mit lauter kleinen wackelnden Papier-Zauberkünstlern
mit emporgehobenen Papier-Zylinderhüten hervorzogen, aus denen diese Papier-Zauberkünstler
wiederum endlose winzige Papierketten mit lauter kleinen wackelnden Papier-Zauberkünstlern
mit emporgehobenen Papier-Zylinderhüten hervorzogen, aus denen diese Papier-Zauberkünstler
wiederum endlose winzige Papierketten mit lauter kleinen wackelnden Papier-Zauberkünstlern
mit emporgehobenen Papier-Zylinderhüten hervorzogen, aus denen diese Papier-Zauberkünstler
wiederum endlose winzige Papierketten mit lauter kleinen wackelnden Papier-Zauberkünstlern
mit emporgehobenen Papier-Zylinderhüten hervorzogen, aus denen diese Papier-Zauberkünstler
wiederum endlose winzige Papierketten mit lauter kleinen wackelnden Papier-Zauberkünstlern
mit emporgehobenen Papier-Zylinderhüten hervorzogen, aus denen diese Papier-Zauberkünstler
wiederum endlose winzige Papierketten mit lauter kleinen wackelnden Papier-Zauberkünstlern
mit emporgehobenen Papier-Zylinderhüten hervorzogen, aus denen diese Papier-Zauberkünstler
wiederum endlose winzige Papierketten mit lauter kleinen wackelnden Papier-Zauberkünstlern
mit emporgehobenen Papier-Zylinderhüten hervorzogen, aus denen diese Papier-Zauberkünstler
wiederum endlose winzige Papierketten mit lauter kleinen wackelnden Papier-Zauberkünstlern
mit emporgehobenen Papier-Zylinderhüten hervorzogen...
Frühlingsgedicht
Er geht auf Socken, während die Papierkapseln zerspringen
im ersten märzlichen Windwetterschwall.
Und die Socken werden nass.
So tapst der Fortpflanzungsbiologe aus seinem Winterschlaf.
Beunruhigung
Der Sommer kommt uns zu geschwind.
Er macht den Tierkreis voll und schickt
uns bald ein Kind... Ein Kind mit grossem
Kopf und dem krabbelnden Tastsinn
einer Fliege.
Anna (Hommage an Kurt Schwitters)
Das kann nur Anna sein, nur sie
hat einen solchen roten Mund
und im Lachen eine Melodie,
die man grundlos pfeift und summt.
Das kann nur Anna sein, nur sie
hat einen solchen Strohhut auf
und reitet fröhlich auf einem Stier,
der sich herumwirft und schnaubt.
Das kann nur Anna sein, nur sie
hat alles ringsherum im Griff,
Vögel, Menschen, Blumen, Vieh.
Und auch den abstürzenden Lift.
Das kann nur Anna sein, nur sie
lässt sich rückwärts buchstabieren.
Ich liebe und liebe ihr... Aber wie?
Ganz natürlich: - auf allen vieren.
In der Küche
Abends am Küchentisch
bindet dich ein Grauen fest.
In einem dröhnenden Schlussakkord
aus Stille. Und langsam, ganz langsam
begreifst du, dass du Klavier gespielt hast
mit lauter toten Komponisten im Kopf.
Dorf oder Stadt?
Dorf oder Stadt? Die Häuser vermehrten sich, und das Land schrumpfte zusammen. Doch die Entfernungen blieben, wie auch die wimmelnden Strassen, Strässchen und Wege.
Weil ich irgendein verborgenes Talent in mir vermutete, verabscheute ich alles, was mit Geldverdienen zu tun hatte. Ich wollte mich freihalten von Zwängen, Geldverdienzwängen vor allem. Ich lag auf der faulen Haut oder ging spazieren. Das verborgene Talent spazierte mit. Das Talent, kein Geld zu haben, ist auch ein Talent!
Hin und wieder traf ich das Höflichkeitsmonster. Ich fand es wahnsinnig vertrackt.
Wenn ich gerade nichts anderes zu tun hatte, versuchte ich meinen Kühlschrank aufzuräumen.
Doch meistens war ich draussen am Spazieren. Ich kam dahin und dorthin. Bei der anthroposophischen Schule stand immer das gleiche Fenster offen. Und immer spielte dort jemand kreuzfalsch Klavier. Ob dieses Geklimper unendlich gutherzig oder bloss penetrant war? Wie hätte ich das sagen können? Unzweifelhaft war es da, immer und immer wieder war es da, wenn ich an der anthroposophischen Schule vorüberkam.
Über dem Schulgarten wölbte sich der Klangäther-Himmel. Lachsrosa leuchteten die Astral-Blumen, umgaukelt von summenden Devas.
Beim Herumspazieren vollführte ich die grössten Geistesbewegungen. Doch in meiner 1-Zimmer-Wohnung war ich dann wieder ein normaler Mensch, der beim Kaffeetrinken in seinen Porno-Heften herumblätterte. Einhändig, wie sonst?
All die Zeit war ich kaum ansprechbar. Schrieb beidhändig Briefe an eine adlige Gönnerin. Mit der Miete lag ich im Rückstand, und manchmal kaute ich verträumt auf einem Zahnstocher herum. Man ist schliesslich nur einmal jung. Daneben führte ich Telefonate, lange Amtsgespräche, weil ich mich einbürgern lassen wollte als Inländer im Inland.
Wegen eines Irrtums in der Anschrift, einer verschmierten Blaupause, einer verwechselten Kopie, einer verunglückten Brieftaube, kam nie ein Bescheid. Das machte mich ein bisschen traurig.
Einmal lief mir ein Hase zu. Unnötigerweise, muss ich sagen. Was wollte der von mir? Ich schickte ihn wieder fort. Den Fuchs freute das sehr.
Meistens war es schon dunkel, wenn ich nach Hause kam. Ich läutete an meiner eigenen Haustür, nur aus Vorsicht. Es hätte ja sein können, dass jemand bei mir eingezogen war.
Ich kochte selten. Mein Küchenmeister war Gott. Sein Standardrezept lautete: von der Hand in den Mund.
Wenn ein Gewitter aufzog, versammelten sich auf meinem Balkongeländer die Vögel A, B und C. Dort kommentierten sie das Geschehen wie ein Fussballspiel.
Mehrmals ging ich ins Elsass. Marschierte über die fladigen Hügel, die die Grenze bilden, kam in Regengüsse, brach durchnässt in Scheunen ein, vergrub mich im Stroh.
Flurnamen lernte ich auswendig. Andererseits verlief ich mich am Laufmeter.
Das Meer (Hommage an Böcklin)
Die Meerjungfrau singt bezirzende Lieder. Aber sie riecht nach Fisch. Deshalb bleibt sie einsam.
In der tiefsten Meerestiefe übt das Wasser den Druck einer niederfahrenden Bombe aus. Es zerquetscht Konservendosen, zerbeinelt die gesunkenen Schiffe.
Die Schwerelosigkeit gibt den Ertrunkenen die Bewegungen zurück. Sie tanzen wie an Schnüren, nach hinten geknickt, in Anbeterpose.
Die Fische bekennen sich zum Wasser. Sie befinden sich ganz in ihrem Element. Sie schiessen Feuerwerke ab. Statt der Funken sprühen Bläschen.
All der Lärm. Das Rauschen und Tosen von oben, wo die Winde peitschen. Ein Sturm hinter Glas. Unten gähnt der blauschwarze Trichter, in dessen Verengung die Ertrunkenen kreiseln, Kreiselbahn fahren, wild gestikulierend.
Warme Regenlüfte kämmen das Wasser, flechten, entflechten, frisieren, fönen es. Die Albatrosse ziehen Schleifspuren.
Die Meerjungfrau knackt Austern auf. Auch einen Schädel nimmt sie hin und wieder zur Hand.
Kein Traum
Das Kind ist aus seinem Schlummer erwacht. Auch das Zimmerchen ist erwacht. Wie ein Sternbild steht der Schlaf noch über dem Gitterbettchen. Das Kind kennt Goldmohn und dessen Schwester Clementine und das zweite Gesicht der Gegenstände im Zimmer, der Stühle, der Kommode, des Pults. Goldmohn und seine Schwester Clementine nehmen das Zimmer in Besitz, träufeln dem Kind ein paar Angsttröpfchen ein, damit es schön brav zittert. Safran, Thymian und Nelken tanzen aus dem Küchenschrank, Nägel und Schräubchen verlassen den Werkzeugkasten und prasseln durch die Abflussröhre davon. Durchs Zimmer marschieren Puppen, starrköpfig und regenbogenbeflaggt, und die Wichte parlamamentieren aufgeregt hin und her. Clementine (als Spitznasenhexe verkleidet) spielt Pharo. Da kommt ein plattfüssiger Urwaldapostel und reisst ihr die Karten aus der Hand. Clementine, hell empört, sagt ihm alle Schande. Er verzieht sich in die Waschmaschine und heult in die Socken. Was ist denn das für ein Gerüttel? Die Puppen zappeln in dem kleinen Schachtelzimmerchen furchtbar herum, und die Wichte legen sich unter den Teppich und geben sich als Teppichleichen aus. Silbermohn hält nicht viel von dem Getue. Er reisst sich zusammen. Er hat andere Sorgen. Sein Bruder Goldmohn hat Geldscheine gewaschen. Er ist auf frischer Tat ertappt worden. Vielleicht kann das Todesurteil noch abgewendet werden. Es sind Verhandlungen im Gang, Verträge werden übers Knie gebrochen. Man spricht Kauderwelsch, damit die Kauder nicht Bahnhof verstehen. Eine Niete rückt im Dienstgrad auf. Und dann geschieht noch folgendes: der Haifisch verspeist den Kanarienvogel. Grossvaters Nachtmütze spaziert am Fenster vorüber. Clementine gründet eine Haushaltsschule. Der plattfüssige Urwaldapostel findet eine Socke, in die er mit beiden Füssen hineinpasst. Und was tut die Gehirnmannschaft? Tut sie etwas Heimliches? Ja, sie plant ein Kompott, ein Himbeerkompott. Dem Kind kann das egal sein. Es ist eingeschlummert, es darf nun wieder träumen, während über seinem Gitterbettchen die glitzernden Phantasie-Mobile kreiseln.
Füsslis Nachtmahr
Das zweigeteilte Kinn über der Palette vorgereckt, Nacken zurückgebogen, Körper in Malstellung. Aus dem Pinsel tröpfelt Farbe. Die Nacht verdämmert. Müde steht er da, geblendet vom Tag, der sein Hirn verdunkelt. Ein Drücken im Kreuz, er malt seine Blindheit, tappt blind voran, setzt Pinselstriche wie hauchend, die Farben grau, grautönig, Haut strafft sich vom Beugen, spannt sich krumm. Sein Geist, von Laudanum beduselt, langt nach Licht und sehnt sich nach Dunkelheit. Die englische Kaffeekanne dampft. Das Gemälde bekommt Augen und Ohren, bekommt Haut und Luft, der Raum, der gemalte, verläuft sich im Schwarz, flieht vor dem Magnesiumlicht, das den ohnmächtig hingebogenen Frauenkörper schockartig erhellt. Und den kleinen hämischen Würger.
Räusche
Baudelaires Gedichten merkt man an, dass er sehr viel Haschisch geraucht hat. Wieviel Haschisch muss dann erst ein gewisser Herr Brockhaus geraucht haben!
Buster Keaton
Ein Denkmal dem Strohhut-Derwisch, der mit einem rotierenden Sonnenschirmchen die Bullen nasführt in Chicago-Downtown und gleich darauf in Damenunterwäsche, hingefläzt auf einem Pulverfass, ein Streichholz anzündet, was für Streiche! Und hoch droben in den Rockys nimmt er den ungehobelten Riesen auf den Arm, prügelt sich mit einem Garderobenständer, und die Bremsen an seinem Klappermobil versagen: ewiger Kampf gegen die Tücken der Materie. Wenig Aussicht auf Erfolg, also nichts wie ran! Der Pneuventil-Logiker weiss sich zu helfen. Ein Mann, vom Missgeschick verfolgt, findet garantiert für jedes Problem die vollkommen sinnlose Lösung. Schau zu, dass du von hier wegkommst, knurrt der Bulle, und Buster hechtet über ihn hinweg: lauf, du Leinwand-Idiot, lauf in die Tiefe! Doch Buster bleibt uns erhalten. Er rennt in ein Loch hinein, und aus dem nächsten Loch rennt er wieder heraus. Und bei jedem Richtungswechsel gibt es ein Gezappel mit den Beinen, die nicht wissen, wohin. Steckbrieflich gesucht und ewig verfolgt. Man erkennt ihn leicht. Das Verlässlichste an ihm: das Gesicht. Es passt zum Zebrakleid. Nein, nicht mit Buster, ihn erwischen sie nicht, seine Kunstgriffe sitzen, und geht doch mal was daneben, macht er den Floh-Sprung hinüber auf ein anderes Vehikel, springt vom Auto auf den Zug oder vom Zug aufs Auto, fliegender Wechsel, entkommt den Bullen haarscharf. Buster Keaton, immer on the run. Bastard, Zirkusfloh, hemdsärmliger Globi aus Amerika, dein Prokuristengesicht in Stein gemeisselt am Mount Rushmore.